Der Geruch von Büchern kann sehr unterschiedlich sein. Seien es neue Bücher, sie riechen eher süßlich, nach Klebstoff, Druckerschwärze, manchmal sogar leicht penetrant oder alte Bücher, ihr Geruch ist meist muffig oder sie riechen, entgegen ihres äußeren Erscheinungsbildes, nach absolut gar nichts, als hätte man ihren Seiten oft genug Luft gegönnt, indem sie wissbegierig durchblättert wurden. Doch der Geruch allein sagt noch nichts darüber aus, was dieses Buch wohl erlebt hat und welchen Wert es in sich trägt. Es gehen jeden Tag zig Bücher durch unsere Hände und all jenen, die wir über unseren Onlineshop verkaufen, muss ein Preis zugeordnet werden. Das ist nicht immer so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint. Natürlich, es gibt Ranking-Listen und Qualitätsmerkmale mit denen man ganz einfach ein Buch einordnen kann. Wie beliebt ist das Buch? Kann man das gut verkaufen? Wie kurz- oder langlebig ist der Inhalt? Wie selten und gefragt ist eine Ausgabe? Wie gut ist das Buch erhalten?
…Das sind alles Fragen, mit denen wir uns bei der Sichtung der Buchspenden auseinandersetzen. Dabei hält man nicht selten ein Buch in der Hand, welches vollkommen unscheinbar aussieht und sich dann als ein kleines Fundstück herausstellt, aber auch umgekehrt ist dies häufig der Fall. Wie oft hatte ich ein gut erhaltenes Exemplar eines Krimis oder Thrillers in der Hand und war erstaunt wie gering der monetäre Wert ist, den wir den gut recherchierten Plots bekannter Autoren beimessen. Aber seien wir ehrlich, wie oft kann man einen Thriller lesen? …Welche Bücher sind uns also am meisten wert und welche sind am beliebtesten? Die Antwort auf die letzte Frage ist so erstaunlich wie sie logisch ist, es sind die Bücher, die angeblich niemand liest: esoterische Bücher, Ratgeber à la „Wie werde ich glücklich?“, „Entspannungs- Yoga“ und Co. Und welches sind die Bücher, die uns am meisten wert sind? Hier gibt es eine gute Nachricht: aktuelles Fachwissen, von Fischzucht über Medizin bis hin zu Mediendesign. …Wo wir schon dabei sind, was ist mit Lexika, Enzyklopädien? Diese großen, schweren Wälzer komprimierten Wissens ab 2 Kilo aufwärts? In unserer schnelllebigen Zeit ist ein Lexikon, das heute gedruckt wird vorgestern schon wieder überholt. Die traurigen Dinosaurier unter den Büchern, früher voller Stolz in Wohnzimmerregalen stehend, sind nur noch staubige Platzverschwender. An ihre Stelle treten zahlreiche Suchmaschinen und Apps, das schnelle Wissen für zwischendurch, immer und überall abrufbar.
Warum lesen und besitzen wir eigentlich noch Bücher, wenn wir doch alle Informationen online abrufen und dank Digitalisierung alle Lieblingsbücher auch via Technik lesen können? Ist es der ästhetische Aspekt? Das Design gefällt und es sieht einfach gut aus im Regal? Mit Sicherheit auch. Meist gilt hier das Prinzip: Je weniger Inhalt, desto aufwendiger die Verpackung. Aber ist es diese Verpackung, die uns anspricht oder der anfangs erwähnte Geruch? Vielleicht der haptische Aspekt? Ich glaube, es ist der emotionale Wert, den wir unseren Büchern zuschreiben. Der Wert, den keine Rankingliste oder objektives Qualitätsmerkmal bemessen kann. Persönliche Widmungen, Anstreichungen, kleine Notizen, vielleicht sogar die ein oder andere Kindermalerei. Nüchtern gesehen alles Gründe, warum ein Buch an monetärem Wert verliert. Manchmal fallen uns im Lager sogar Briefe oder Fotografien entgegen. So viele persönliche Erinnerungen, die einfach verschwinden.
Uns erreichen jeden Tag Hunderte von Büchern, jedes hat eine eigene Geschichte oder es wartet darauf, dass seine endlich anfängt.
Und manchmal haben sie Glück und wir können ihnen zu einem neuen Besitzer verhelfen, der den Wert des Buches, welches er in den Händen hält, hoffentlich zu erkennen weiß.
Sarah Kattner