Foto: http://www.lowker.us/ear-tattoo-ideas/
Foto: http://www.lowker.us/ear-tattoo-ideas/ CC-BY

WISSENSWERTES ÜBER DIE HERKUNFT SO MANCHER REDENSART

Bücherfreunde lesen viel und sind selbst meist um schöne Worte nicht verlegen. Doch manch einer macht einem dabei auch gern ein X für ein U vor und hin und wieder lügt einer von ihnen sogar wie gedruckt. Da ist es höchste Zeit, ihm die Leviten zu lesen! Aber was meinen wir eigentlich, wenn wir so etwas sagen? Woher kommen all diese Redewendungen aus den Bereichen Lesen und Schreiben? Die Antworten darauf gibt es in diesem Blog – jeden Monat neu.

Sich etwas hinter die Ohren schreiben: Folgte im Mittelalter, der Zeit, in der diese Redewendung entstand, jemand dieser Aufforderung, kam gar kein Schreibgerät zum Einsatz. Auch agierte derjenige, der diesen Befehl empfing, nicht selbst, sondern wurde Gegenstand einer Handlung, die andere an ihm ausübten: Sie ohrfeigten ihn bzw. zogen seine Ohren lang.Diese heute brutal anmutende Praxis geht auf einen damals üblichen Rechtsbrauch zurück. Wollten zwei Parteien einen Vertrag abschließen und waren sie, was häufig vorkam, des Lesens und Schreibens unkundig, hatten schriftliche Vereinbarungen keinen Wert. Es mussten Zeugen, vorzugsweise junge, gesunde Menschen, die noch ein langes Leben vor sich hatten, geladen werden, um die Rechtswirksamkeit des Vertrages über einen möglichst langen Zeitraum bestätigen zu können. Die ihnen zugefügten Schmerzen sollten ihnen dabei helfen, das Ereignis als etwas besonders Wichtiges im Gedächtnis zu behalten.

Das Dokument, mit dem die Ladung zu einem solchen Termin erfolgte, nannten die Rechtsgelehrten des 15. Jahrhunderts einen Denkzettel. Dieses Wort, das auch im Sinne von „Urkunde“ oder „Klageschrift“ verwendet wurde, erfuhr etwa hundert Jahre später eine Bedeutungsveränderung. Verantwortlich hierfür waren die Pater des Jesuitenordens, die die Regelverstöße ihrer Zöglinge in Merkblättern dokumentierten, um sie ihnen hinterher vorlegen zu können. Besonders ungehorsame Schüler bekamen diese Zettel um den Hals gehängt. Je nach Schwere der Vergehen mussten sie manchmal tagelang damit herumlaufen. Das gab ihren Mitschülern Anlass, sie zu verspotten, was nicht selten mit tätlichen Angriffen einherging. Wer einem anderen also einen Denkzettel verpasst, soll heißen: jemandem ein Ereignis nachdrücklich in Erinnerung ruft, tut dies in der Regel unter Anwendung körperlicher Gewalt. Insofern haben der „Denkzettel“ und die Wendung sich etwas hinter die Ohren schreiben eine ganze Menge gemein.