Rezension über „zuhause“ – Erzählungen von deutschen Koreanerinnen
Eine Rezension unserer ehrenamtlichen Mitarbeiterin Dorothea
14 Frauen aus Korea – fast alle ehemalige Krankenschwester – die in den 1960ziger Jahren angeworben wurden, schreiben in dem Buch über ihre Erfahrungen bei ihrer Ankunft und wie sich ihr Leben dann weiter in Deutschland entwickelt hat. Sie hatten alle einen 3-Jahresvertrag und sollten danach wieder zurückkehren, aber viele wollten das nicht. Der Kampf um das Bleiberecht politisierte sie und in diesem Zusammenhang gründeten sie die „Koreanische Frauengruppe in Deutschland“. Hier engagierten sie sich politisch und gesellschaftlich; für viele das erste Mal in ihrem Leben, denn in Korea hatte eine Frau wenig Rechte und mußte sich ihrem Mann und ihrer Familie sehr anpassen.
In der Frauengruppe konnten die Frauen sich austauschen, ihre Muttersprache sprechen und sich gegenseitig unterstützen. So war diese Grupppe also nicht nur politische Organisation, sondern auch eine Art Zufluchtsort , den die Frauen sich geschaffen haben. Die Bedeutung dieser Gruppe für die Entwicklung jeder einzelnen Frau wird in fast allen Texten deutlich.
Die Schilderungen, die die Frauen bei ihrer Ankunft hatten, sind sehr eindrücklich. Besonders die ersten Monate waren besonders schwierig, sei es das fremde Essen, die Sprache oder die untergeordnete Stellung in der Krankenhaushierarchie. Z.B. ist das erste Mittagessen ein Eintopf mir gelben Bohnen – in Korea Viehfutter! Oder Salzhering in Sahnesauce, er Fisch erscheint ihr mit der schleimigen Haut wie eine Schlange und der Geruch ist sehr, sehr fremd! Eine bekommt Griesbrei vorgesetzt, den sie von da an nie wieder ißt.Erst Jahre später können sie auch ein einfaches Käsebrot genießen. Aber als sie sich aus mitgebrachten Gewürzen und Kohlblättern (Chinakohl gab es damals noch nicht) ihr geliebtes Kimchi machen können, sind sie glücklich.
Nur wenige bekamen wärend ihrer Arbeitszeit Deutschunterricht und das auch nur wenige Stunden in der Woche. So schildern viele, wie das kleine Wörterbuch ihr ständiger Begleiter und Sprachrohr war. Da aber manche Begriffe in der gesprochenen Sprache eine ganz andere Bedeutung hatten, als sie aus dem Wörterbuch entnommen hatten, kam es häufig zu Mißverständnissen – auch komischer Art.
Ein besonderer Schock für die Frauen war, dass ihre gute Ausbildung in deutschen Krankenhäusern nicht geschätzt wurde. Im Gegenteil: sie wurden oft für Hilfs- z.T. für Putzdienste eingesetzt, bzw. sogar ausgebeutet. Ihre Kompetenz war zum ersten Mal nicht gefragt.
Nach mehren Jahren in Deutschland beginnen einige das Abitur an der Abendschule zu machen. Die Schilderungen sind spannend, wie sie dort ihren Horizont erweitern, auch durch LeherInnen geprägt, die selber unter dem Eindruck der 68ziger Studentenbewegung standen.
Viele der Frauen heiraten, was nicht immer glücklich verläuft. Ein deutscher Mann verläßt seine Frau mit den Worten „In Deutschland wird jede dritte Ehe geschieden. Also mach kein Theater!“ Für sie selber ist es natürlich zuerst eine Katastrophe, aber sie erkennt im Laufe der Zeit, dass sie in Deutschland wesentlich mehr Rechte hat und Anerkennung genießt, als sie es ein Korea je gehabt hätte.
Trotz vieler Parallelen, sind die Lebensläufe der Frauen auch sehr unterschiedlich. Das macht jede Schilderung interessant. Sie sind lebendig und anschaulich geschrieben. So wird ein Kapitel deutscher Geschichte lebendig, dass fast schon in Vergessenheit geraten ist.
Kennen lernen könnt Ihr die Frauen bei der Lesung am Büchertisch.