Eine Rezension unserer Kundin Anna-Sophie:
„Wie sollten wir sein?“, fragt der Titel des Buches und das Fragezeichen prangt in Übergröße auf dem Umschlag. Die Zitate im Klappentext schüren die Erwartung, die Antwort darauf würde sich schnell finden lassen. Gleich hier, in diesem Roman aus dem Leben den Sheila Heti bereits 2010 schrieb und der jetzt auf Deutsch erschienen ist.
Ob man sich die Erzählerin des Buches dann zum Vorbild nehmen sollte, ist jedoch fraglich. Denn das Leben von dem Sheila (die mit der Autorin mehr als nur den Vornamen teilt) schreibt, scheint voll zu sein von Unsicherheit, Selbstzweifeln und erniedrigendem Sex.
In Gesprächsausschnitten, Träumen und Beschreibungen dokumentiert Sheila ihren Alltag in der künstlerischen Szene Torontos. Hier quält sie sich schon seit Monaten mit einem Theaterstück über Frauen, dass sie nicht schreiben kann, weil sie sich zu sehr von Männern beeinflusst fühlt. Unfähig konzentriert an dem Stück zu schreiben, taumelt Sheila statt dessen durch die Nächte, unternimmt Busausflüge quer durchs Land und sucht Bestätigung in sexuellen Eskapaden. Das sich hier kaum die Antwort auf die titelgebende Frage finden lässt, wird schonungslos offengelegt. Schonungslos wird auch von Sheilas Beziehung zu Israel berichtet. Wobei „Beziehung“ für die gefügige Erfüllung seiner sexuellen Fantasien wohl kaum das richtige Wort ist …
Ständig kreisen Sheilas Gedanken darum, den richtigen Weg zu Selbstbewusstsein, Klarheit und natürlich auch zum Ruhm zu finden. In dieser Konzentration erinnert ihre Sinnsuche leider von Zeit an das emotionale Auf und Ab einer Teenagerin. Von pubertärer Bewunderung ist auch Sheilas Beziehung zu ihrer besten Freunden Margaux geprägt – sie ist scheinbar die einzige Konstante in ihrem Leben zu sein. Um Klarheit in ihre Gedanken und vielleicht doch das Stück fertig zu bekommen, zeichnet Sheila die Gespräche mit der Malerin auf Tonband auf und gibt sie im Buch wieder. Obwohl diese und andere wiedergegebene Gespräche den Großteil des Buches ausmachen, liefern sie nicht die berührenden Momente der Geschichte. Zu flach, zu hölzern, zu gewollt werden hier Thesen in Dialoge gepresst.
Die berührenden und poetischen Momente entfalten sich eher in den kleinen Anekdoten zwischen all den Gesprächen. In der Beschreibung der kleinen Margaux, deren erster Satz als Kind ein schulterzuckend auf den Abendbrottisch geworfenes „Was soll`s?“ gewesen sein soll. In der Geschichte von der Spinne im Badezimmer. Und schließlich in der Wiedergabe eines alles entscheidenden Squash-Spiels am Schluss des Buches: Mit vollem Körpereinsatz und wie stets beobachtet von Sheila, spielt Margaux hier den störrischen Ball immer wieder gegen die Wand. Doch: „die kennen nicht mal die Regeln. Die schlagen einfach den Ball irgendwohin.“
Und auch wenn das Ende keine abschließende oder auch nur befriedigende Antwort auf die große Frage liefert, wie man denn nun sein soll, so ist vielleicht genau diese sportliche Haltung Margauxs, der bestmögliche Umgang damit.
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Titel: Wie sollten wir sein? Ein Roman aus dem Leben
Autorin: Sheila Heti
Übersetzer: Thomas Überhoff
Verlag: Rowohlt
Genre: Belletristik
ISBN: 978-3-498-00407-1
Preis: 19,95 Euro
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