Eine Rezension unserer Kundin Nicole:
„Alles hat seine Grenzen. Auch das Denken. Man sollte diese Grenzen respektieren, aber sich auch nicht fürchten, sie zu durchbrechen.“
Der Kult-Autor Murakami hat wieder einen Bestseller ausgespuckt. Und leider liest es sich so auch. Im Zentrum des Geschehens steht Tsukuru Tazaki, der rückblickend seine Jugend mit seinen besten Freunden erzählt und tiefe Wunden aufreißt. Doch denen muss er sich nun stellen. Die Farbensymbolik, die bereits beim Umschlagdesign des Buches aufgegriffen wird, zieht sich durch die gesamte Lektüre. Die Story ist vielversprechend, aber leider nicht tiefgehend genug. Der Protagonist bezeichnet sich als farblos, weil sein Name nicht wie die seiner Freunde im Farbspektrum zu finden ist. Die Freundschaft zerbricht eines Tages und wird zum Gegenstand der Lektüre. Wäre Tazaki Künstler und kein Ingenieur, hätte das sogar interessant werden können – im tiefsten Leid Großes erschaffen. Doch dem ist nicht so, Tazaki erklärt jedem genau, welchen Beruf er ausübt und selbst gen Ende bleibt der Leser nicht mit hohlen Vergleichen verschont. Charakter-Klischees werden ebenso bedient, tiefsinnige Gespräche bleiben dabei leider zu selten.
„Freies Denken heißt im Grunde, sich auch von seinem Körper zu trennen. Sein Gefängnis zu verlassen, die Ketten zu sprengen und sich in die reinen Höhen der Logik emporzuschwingen.“
Der Titel von Murakamis neustem Werk klingt vielversprechend, die hochwertige Verarbeitung des Buches vom Dumont-Verlag ebenfalls. Das Buch ist auch sehr flüssig zu lesen, doch trotz philosophischer Gedankenflüge und unterschwelliger Spiritualität, bleiben die Dialoge leer. Zuweilen hoffte ich, es läge nur an der Übersetzung, aber im Angesicht der vielversprechenden Idee die Thematik unterzubringen, schleppt sich die Geschichte zunächst dahin, um anschließend in rasender Geschwindigkeit ein Ende zu finden – und sich mit der Vergangenheit in Wohlwollen auszusöhnen. Abgründe werden aufgezeigt und im selben Atemzug wird sich versöhnt. Die Belohnung für all das ist – wie soll es anders sein: eine Frau. Originalität ist anders.
Die Geschichte bietet so viel Potential, doch der Autor verliert sich, es wirkt lieblos. Hoffentlich hat der Nachfolger wieder mehr zu bieten.
Für Murakami-Verehrer sicherlich ein Muss im Bücherschrank, für mich eignet es sich aufgrund der kreativen und hochwertigen Verarbeitung lediglich als dekoratives Schmuckstück – ohne Inhalt.
Dieses Buch ist im Onlineshop und in unseren Läden bestellbar. Mit deiner Bestellung bei uns förderst du unsere Arbeit als soziales und integratives Unternehmen und unterstützt uns bei der aktiven Leseförderung durch Projekte wie den Berliner Lesetroll.
Titel: Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki
Autorin: Haruki Murakami
Übersetzererin: Ursula Gräfe
Verlag: Dumont
Genre: Belletristik
ISBN: 978-3-8321-9748-3
Preis: 22,99 Euro
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