Eine Rezension unserer Kundin Nicole:

9783406659041Artgerecht ist nur die Freiheit. Eine Ethik für Tiere oder Warum wir umdenken müssen

„Wir schweben nicht als Engel über die Erde, sondern latschen als mittelgroße Landsäugetiere über die Welt, und als solche richten wir fast unvermeidlich irgendwelchen Schaden an und verbrauchen Ressourcen.“

Hilal Sezgin beleuchtet in ihrer Abhandlung über Tierethik nicht ausschließlich Massentierhaltung, Tierversuche und den Fleischkonsum an sich, sondern schlägt eine philosophische Richtung ein, die nicht nur auf die Tierethik allein anwendbar ist.

Es ist nichts Neues, dass die Philosophen den Tieren Beachtung schenken, auch sind Vegetarier und Veganer keine Modeerscheinung, wie es vielen aufgrund der Medien erscheinen mag. Doch kaum ein Tierfreund geht in eine Buchhandlung, um in einem Philosophieband zu blättern – ich selbst weiß erst jetzt dank Hilal Sezgins Fußnoten wie groß die Resonanz des Themas schon in den vergangenen Jahrzehnten war.

Doch wenn ein Buch von einem bekannten Verlag auf den Markt geworfen wird, wo das Thema ohnehin hohe Brisanz aufweist, ist es eine Erfrischung dank philosophischer Ansätze tiefer in die Materie einzudringen – sodass die mühevoll gezogenen Grenzen zwischen Tier und Mensch verschwimmen.

„Es gibt keinen Grund, warum ein empfindungsfähiges Lebewesen mehr wert sein sollte als ein anderes, und damit ist auch kein anderes weniger wert als ich.“

Die Autorin tastet sich vom Begriff der Ethik vorsichtig zur Moral – bespickt mit aktuellen Fällen der Tierquälerei, worunter sie auch eigene Erfahrungen einbindet, was dem eine persönliche Note verleiht. Haben wir das Recht Tiere zu nutzen? Haben wir das Recht Menschen auszunutzen? Während die Sklaverei abgeschafft ist, erhalten die Tiere dieses Privileg nicht und unterliegen noch immer dem Speziesismus – sozusagen einem artübergreifenden Rassismus.

„Ich muss anerkennen, dass ich objektiv nicht wichtiger bin als irgendeine andere Person – dass meinem Glück und meinem Leid keine größere Bedeutung zukommt als beliebigem anderen Glück und Leid. Und der Teil meines Selbst, der dies begreift, ist absolut zentral und nicht weniger ein Stück meines Wesens als meine persönliche Perspektive.“
(Thomas Nagel, amerikanischer Philosoph)

Und da gelangen wir auch an die Quintessenz des Buches . Wenn selbst wir Menschen untereinander nicht begreifen, dass wir uns gegenseitig achten müssen, weil wir nicht wichtiger sind, als Jemand im Nachbarhaus, in Afrika oder Japan, wie können wir dann Achtung vor Tieren haben?

„Der Mensch ist ein Allesfresser, Fleischessen gehört zur Geschichte  der Menschheit, unsere Spezies hat schon immer gejagt und getötet. Egal ob das empirisch stimmt oder nicht: Diese Antwort ist dürftig.“ An dieser Stelle widerspreche ich der Autorin, denn von Anbeginn der Zeit war der Mensch Fruchtfresser! Doch der Mensch blieb nicht in seiner gewohnten Umgebung und fing an zu reisen – irgendwann musste der Mensch sich nahrungstechnisch neu behelfen und erst dann war die Jagd eröffnet. Fleisch als Trophäe. Auch das ist nicht im Geringsten mit der heutigen Esskultur zu vergleichen, wo die Steaks reihenweise im gut beleuchteten Supermarkt liegen – ohne es in freier Wildbahn mit großer Anstrengung zu erbeuten. Irgendwann wurde der Mensch wieder sesshaft und gab sich dem Ackerbau hin – und auch in dieser Hinsicht lebte der Mensch mit seinen ganzen Körnern gesünder, als mit dem ausgesiebten nährstoffarmen Weißmehl heute. Danke, Industrialisierung – wir nutzen die neuste Technik und büßen dafür unsere Gesundheit ein.

„Jeder von uns ist der Nabel seines eigenen Universums, das mit etwas Abstand betrachtet eben unser gemeinsames Universum ist.“

Es ist kein Roman, ganz gewiss kein Klassiker. Doch es ist in meinen Augen auch kein Sachbuch, sondern viel mehr ein philosophischer Ansatz.  Der Sprachstil schwankt zeitweilig zwischen theoretischer Abhandlung und eigenem Mundlaut, doch die Idee hinter dem Buch überzeugt und mag den Einen oder Anderen von der vorgefassten Meinung eines radikalen Öko-Vegetariers abbringen.  Einige werden sich bevormundet fühlen, doch andere sehen darin einen neuen Denkansatz, den die Autorin gekonnt anhand zahlreicher Beispiele und guter Argumentation vermitteln konnte.

Dieses Buch ist im Onlineshop und in unseren Läden bestellbar. Mit deiner Bestellung bei uns förderst du unsere Arbeit als soziales und integratives Unternehmen und unterstützt uns bei der aktiven Leseförderung durch Projekte wie den Berliner Lesetroll.

Titel: Artgerecht ist nur die Freiheit. Eine Ethik für Tiere oder Warum wir umdenken müssen
Autorin: Hilal Sezgin
Verlag: C.H. Beck
Genre: Sachbuch
ISBN: 978-3-406-65904-1
Preis: 16,95 Euro

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