Eine Rezension unseres Kunden Gunnar:
José Saramago, portugiesischer Nobelpreisträger, lässt in Die portugiesische Reise einen namenlosen Reisenden, der, wie er selbst, in Azinhaga geboren ist, sein Land erkunden. Er kennt das Land und hat viele Orte schon in der Vergangenheit besucht, doch der Zweck seiner jetzigen Reise ist der sein eigenes Heimatland zu finden und neu zu entdecken. So nimmt der Autor den Leser mit auf eine mehrmonatige Reise, die im Nordosten Portugals an der spanischen Grenze beginnt und im Südwesten endet.
Den Reisenden interessieren die zahlreichen Kirchen und Kapellen mit ihrer Ausstattung. Vor allem sind es die Azulejos, jene Mosaike aus bunten glasierten Keramikfliesen, die immer wieder seine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Auch die Ruinenstätten aus römischer und maurischer Zeit, genau so wie die Bauwerke der jüngeren Vergangenheit, regen immer wieder seine Fantasie an. Er malt sich Geschichten aus, die hier stattgefunden haben könnten und lässt immer wieder portugiesische Dichter, wie z.B. Almeida Garrett, zu Wort kommen. Ihm bleibt aber auch nicht verborgen, dass viele Stätten dem Verfall preisgegeben sind. Saramago klagt die Vernachlässigung und den Mangel an Führsorge an. Mehrfach stellt er fest, dass zwar antike römische Bauten sorgfältig restauriert sind, aber das jüngere kulturelle Erbe Portugals direkt daneben zerfällt.
Neben den historischen Bauwerken, ist es die Landschaft, die den Reisenden in seinen Bann zieht, weil sie sich an jeder Biegung ändert und immer neue, unentdeckte Perspektiven bietet. Unterwegs begegnet er zahlreichen Menschen. Freundlichen Menschen, die sich ihm für einen Teil des Weges anschließen, ihm Geschichten erzählen, Unterkunft anbieten oder sich bereitwillig nach dem Weg fragen lassen. Aber auch Menschen, die ihre Umgebung ignorieren und kein Verständnis für einen Reisenden aufbringen, der sich die Mühe gemacht hat, den Ort zu besuchen und zu bestaunen.
Die Beschreibung Saramagos ist mit der großen Weltsicht des Schriftstellers versehen. In ihr liegt viel Menschlichkeit und Hochherzigkeit, aber auch Witz und gelegentlich ein ironischer Unterton. Der Autor hat ein feinsinniges Gespür für das Detail, für die kleinen, häufig unbeachteten Dinge, die unscheinbar am Rande des Weges warten. Dinge, die er nicht sucht, aber dennoch findet und die deshalb umso wertvoller erscheinen. Damit lädt er den Leser ein, seine eigene Umgebung einmal näher zu betrachten und das Schöne im Alltäglichen zu erkennen. Das Buch wird damit zu einer Anleitung zum Entdecken. Wer Portugal kennt, wird das Land nach der Lektüre mit anderen Augen sehen. Wer das Land noch nicht kennt, wird es unbedingt sehen wollen – mit den Augen Saramagos.
José Saramago hat keinen touristischen Reiseführer geschrieben, der die Sehenswürdigkeiten Portugals anpreist, sondern ein eher stilles, ein leises Buch, das mit umso größerer Sprachkraft die Schönheit des Landes und die Güte seiner Menschen beschreibt. Anders als die portugiesische Ausgabe ist die deutsche Fassung bedauerlicherweise nicht mit Fotografien ausgestattet. Dafür ist jedem Kapitel eine Karte vorangestellt, so dass der Leser den Reiseverlauf nachvollziehen kann. Nützlich sind am Schluss des Buches ein Ortsnamenregister sowie ein Glossar der im Text erwähnten historischen Persönlichkeiten Portugals.
Dieses Buch ist im Onlineshop und in unseren Läden bestellbar. Mit deiner Bestellung bei uns förderst du unsere Arbeit als soziales und integratives Unternehmen und unterstützt uns bei der aktiven Leseförderung durch Projekte wie den Berliner Lesetroll.
Titel: Die portugiesische Reise
Autor: José Saramago
Übersetzung: Karin von Schweder-Schreiner, Nicolai von Schweder-Schreiner
Verlag: Hoffmann und Campe
Genre: Belletristik
ISBN: 978-3455404166
Preis: 17,99 Euro
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