Eine Rezension unseres Mitarbeiters Jakob:
Max Schwarzwald ist ein Ashcroft-Mann. Er gehört somit zu jenen von der Eurosecurity entsandten Spezialagenten, die Terrorismus und Verbrechen in Europa vorbeugen sollen. Und es gibt viel zu tun, denn wir schreiben das Jahr 2064 und seit ein weltumrundender Zaun die reichen Länder der Erde von der südlichen Hemisphäre trennt, muss der diesseits des Zaunes bestehende Wohlstand sorgfältig bewacht und geschützt werden.
Geburtsstunde der neuen Weltordnung war der 11. September 2001. John Ashcroft, einer der letzten US-amerikanischen Justizminister war damals derjenige, der den neuen theoretischen Ansatz zur Bekämpfung des Terrorismus lieferte. Nach seiner Devise “Let’s crush the motherfuckers before they crush us.”, marschierten die USA wenig später zuerst in Afghanistan, dann in den Irak ein. Doch während diese schwelenden Kriege zum wirtschaftlichen Zusammenbruch der einstigen Weltmacht führten, “crushte” die neu gegründetet euro-chinesische Konföderation die vermeintlichen “motherfuckers” bald darauf wirklich: Parallel zum Bau des großen Zauns entwaffneten deren Armeen in einem großen Gewaltakt die gesamte Südhalbkugel. Um den status quo zu erhalten, stellten 2029 in Paris, Berlin, Madrid, Rom und Moskau die ersten Ashcroft-Büros ihre Spezialagenten ein.
Die Aufgabe der Ashcroft-Agenten ist die präventive Verbrechensbekämpfung. Mithilfe modernster Technologie überwachen Max Schwarzwald und seine Kollegen jede auch nur im geringsten verdächtige Person, machen Beweisfotos und -videos, hören geheime Unterredungen ab und erstatten schließlich Anzeige. Zur Deckung ihrer Identität arbeiten sie zugleich in normalen Berufen. Schwarzwald beispielsweise unterhält ein kleines deutsches Edelrestaurant, das Chez Max, im elften Pariser Arrondissement.
Aus der Sicht Schwarzwalds schildert der Roman zunächst dessen Alltag und die Überführung seines guten Freundes Leon. Die Handlung kommt aber erst so richtig ins Rollen, als Schwarzwald plötzlich seinen Kollegen Chen Wu, ein ziemlich unangenehmer Mensch, der aber ob seiner Erfolge auch über Institutionsgrenzen hinaus als “Ashcroft-Chen” bekannt ist, als Drahtzieher terroristischer Handlungen verdächtigt. Er beginnt die Observation, unterliegt den Fähigkeiten seines Partners, versteift sich dennoch auf dessen Überführung und verliert schließlich vollkommen die Kontrolle. Schnell wird dem Leser klar, dass nicht Chen Wu der Verbrecher ist, sondern Max Schwarzwald, der als Anti-Held des Romans immer stärker in irrationale Verfolgungsobsessionen abrutscht …
Jakob Arjouni ist ein Meister der klaren Sprache und der zielstrebigen Handlungsführung. Demenstprechend lässt sich Chez Max leicht und mit Begeisterung lesen. Allerdings hat sein Stil auch Kehrseiten: die Charaktere scheinen karikiert oder zumindest stark vereinfacht, große Spannung kommt bei der Kürze des Buches kaum auf. Interessant macht den Roman vor allem, wie geschickt der Autor Realität und darauf aufbauende Fiktion mischt. Immer wieder nimmt er Details unserer heutigen Welt auf, und verstärkt tatsächlich vorhandene politische Tendenzen so, dass die von ihm beschriebene Zukunftsdystopie – abgesehen vielleicht von der Vorstellung eines “weltumrundenden Zauns” –, durchaus plausibel erscheinen mag.
Chez Max überzeugt durch seine Ruhe und Schlichtheit und eignet sich deshalb gut als Lektüre zwischendrin, auf Reisen oder einfach zum Entspannen.
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Titel: Chez Max
Autor: Jakob Arjouni
Verlag: Diogenes
Genre: Belletristik
ISBN: 9783257236514
Preis: 9,90 Euro
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Ich bin großer Fan seiner Kayankaya-Krimis, die so richtig schön ‚hard-boiled‘ sind.
Traurig, dass Arjouni viel zu früh gestorben ist.