(Ein Artikel von unserem Mitarbeiter Masen:)

Schaufenster-Detail

Am 23. 05. 1912 hat der Leipziger Insel Verlag unter der Leitung von Anton Kippenberg eine Buchreihe, die Inselbände, unter dem Namen Inselbücherei angekündigt. Die freundlich ausgestatteten Bändchen, sollten nur 50 Pfennig kosten und kleinere Werke – Novellen, Gedichtgruppen, Essays enthalten, die zu Unrecht in Vergessenheit geraten sind oder denen eine besondere Wirkung zu geben, beabsichtigt werden sollte, und gelegentlich auch illustrierte Bücher. Kippenberg wollte mit diesem Konzept, für das Stefan Zweig als geistiger Mitschöpfer gilt, nicht in Konkurrenz zur Reclam Universal-Bibliothek oder zu Meyers Volksbüchern treten. Sorgfältig editierte, mit Kommentaren und Erläuterungen versehene literarische Kleinodien solten mosaikartig ein Gesamtbild für die Leser formen.

Anfang Juli 1912 kamen die ersten von Hand gesetzten 12 Bände der ersten Lieferung in die Buchhandlungen. Die Bandnummer 1 enthielt Rainer Maria Rilkes 1899 entstandene Prosadichtung „Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“. In der Inselbücherei wurde Rilkes „Cornet“ gleich in einer Startauflage von 10 000 Exemplaren aufgelegt, musste sofort nachgelegt werden und erreichte bis 2006 mit 54 Auflagen über 1,14 Mio. Exemplare. Aufgrund ihres Verkaufserfolges bildete die Inselbücherei bis zum Ende des zweiten Weltkrieges das wirtschaftliche Rückgrat des Insel Verlags. Nach Ausbruch des 1. Weltkriegs ließ sich allerdings auch Kippenberg von der zunächst in Deutschland allgemein vorherrschenden Kriegsbegeisterung anstecken und veröffentlichte eine umfangreiche Titelfolge mit kriegsbezogenen Themen und ergänzend dazu erschienen Bände, die an das deutsche Nationalgefühl appellierten. Ende 1918 – der Bandpreis war im August desselben Jahres auf 1,10 Mark gestiegen – lag eine lückenlose Reihe von 241 Titeln vor. Die deutsche Literatur des 19. Jahrhunderts war nach 1918 in der Reihe mit Lenau, Novalis und Platen recht stark vertreten. Jeweils nach Auslaufen der Schutzfristen wurden von Theodor Storm, Gottfried Keller, C. F. Meyer und Theodor Fontane mehrere Titel in der Reihe übernommen. Ab Ende der 1920er Jahre bemühte sich Kippenberg mangels zeitgenössischer Autoren im Verlag verstärkt um Lizenzen, was aufgrund der des feststehenden Bandpreises nicht immer leicht zu kalkulieren war. Allerdings erschienen nach wie vor Titel von Insel-Autoren, wie Rilke („Gedichte“) und Stefan Zweig („Sternstunden der Menschheit“), in hohen Auflagen. Bis 1932 waren dann noch sehr erfolgreich Felix Timmermans, Ricarda Huch (beide mit mehreren Titeln) und Thomas Mann (Felix Krull).

Der national-konservativ eingestellte Kippenberg versuchte nach 1933, sich der politischen Einflussnahme durch das Nazi-Regime soweit wie möglich zu entziehen, was ihm bis Anfang 1936 einigermaßen gelang. Aber letztendlich musste er sich von jüdischen und anderen verbotenen Autoren endgültig trennen(siehe Stefan Zweig). Bald nach dem Zweiten Weltkrieg wurden vom Insel Verlag zur rascheren Befriedigung der Nachfrage nach Literatur und wahrscheinlich auch aufgrund des Materialmangels Teilauflagen von 21 Titeln der Insel-Bücherei in einer kostengünstigen einfarbigen Broschur-Ausstattung ohne Hinweis auf dieselbe gedruckt. 1947 wurde der reguläre Verlagsbetrieb nach Erhalt einer endgültigen Verlagslizenz von den sowjetischen Besatzungsbehörden unter großen Schwierigkeiten wiederaufgenommen. Noch im April 1945 gründete Anton Kippenberg in Wiesbaden eine Zweigstelle des Insel-Verlages in der auch die Insel-Bücherei wieder eine dominierende Rolle spielen sollte. Diese erhielt nach Kriegsende von den amerikanischen Besatzungstruppen die Lizenz-Nummer 13, die sich im Impressum der damaligen Verlagsproduktion findet. Nach dem Tod Kippenbergs 1950 wurde sein langjähriger Mitarbeiter Gotthard de Beauclair zunächst künstlerischer Leiter, dann Verlagsleiter des Hauses (1951 – 1962). Der Verlagssitz wurde 1960 nach Frankfurt am Main verlegt. Die Gesellschafter hatten vorher auch die handelsrechtliche Verselbstständigung des westdeutschen Verlagshauses beschlossen, wodurch nun der Leipziger Teil eine „Zweigstelle“ Wiesbadens wurde. In der Bundesrepublik fühlte sich der Insel-Verlag in den fünfziger und sechziger Jahren einerseits den im nationalsozialistischen Deutschland verfemten Künstlern und Schriftstellern, hier auch insbesondere auch denen des deutschen Expressionismus, – andererseits modernen Autoren aus Westeuropa und Amerika verbunden. Zwar waren in der alten Bundesrepublik aufgrund der veränderten Situation auf dem Buchmarkt ab den 1960er Jahren Auflagenzahlen und Editionsumfang reduziert worden, wohingegen in der DDR die Breite des Reihenprogramms gehalten und hohe Auflagen erzielt wurden. Gleichwohl stellte die „Insel-Bücherei“ eine der Brücken über die im Ergebnis der deutschen Staaten bis 1990 dar, die den Gedanken an eine letztlich gemeinsame Literatur und ein gemeinsames Verlagswesen in Deutschland während seiner Teilung wachhielten. Im Ergebnis der deutschen Wiedervereinigung konnte 1991 auch die Insel-Bücherei wieder als eine einheitliche Reihe des nunmehr wiedervereinigten Verlags Frankfurt am Main/Leipzig, ab 2010 in Berlin, erscheinen und seitdem einen neuen Aufschwung nehmen.

Gegenwärtig erscheint sie mit etwa 12 neuen Titeln jährlich, zu einem Preis von etwa 13 Euro. Aufgrund des Umzugs des Insel Verlags von Frankfurt am Main nach Berlin ist dieser Verlagsort seit 2010 im Impressum der Insel-Bücher aufgeführt.

(Dieser Text zitiert inhaltlich und teilweise wörtlich den Wikipediaartikel „Insel-Bücherei“)