Wen kannte ich denn schon vorher? Ana kannte ich vom Kreuzberger Trödelmarkt, hatte sie angesprochen, weil sie so einen faszinierenden Blick in ihren Augen hat. Kalle kannte ich vorher, weil ich zirka zwanzig Jahre in der Mittenwalder Straße 46 A gewohnt habe und er (mit Mutter) im Nebenhaus wohnte und schon frühmorgens dort vor der Tür stand, vertieft in seine Selbstgespräche und das tobende Leben auf der Straße.

Dann hab ich das so gesehen, dass eine große Not ist an Arbeit, daß Arbeit ein Menschenrecht ist. Auch, weil ich vorher in der Berufsausbildung gearbeitet hatte, relativ erfolgreich, jedenfalls haben alle von mir in der Verbundausbildung betreuten Azubis schlußendlich ihre IHK-Prüfung bestanden, wenn sie denn durchhielten und hingegangen sind. Na gut, eine angehende Fachkraft, ein Mädchen hat die Prüfung erst im zweiten Anlauf bestanden. Doch es war ein Wunder und eine Gebetserhörung, daß sie überhaupt bestanden hat. Wie gesagt, relativ erfolgreich war meine Arbeit. Absolut gesehen war der Erfolg nicht so 100%ig, denn nur 50% landeten nachher auch in Lohn und Brot. – Meine diesbezüglichen Bemühungen wurden gebremst, denn solche Aktivitäten gehörten nicht zu den bezahlten Aufgaben innerhalb der jeweiligen Maßnahme.

Dann hab ich einen Bäckerladen übernommen in Kreuzberg, um selbst Arbeitsplätze zu schaffen. Damit bin ich baden gegangen und hab jetzt noch dran zu knabbern an den Restverbindlichkeiten. Es mußte aber doch noch andere Menschen geben, die diese Not sahen. Die sahen, daß Arbeit ein Menschenrecht ist, daß es einen krank macht, einen normalen Menschen jedenfalls, einfach so wie ein Verdauungsschlauch dazusitzen und Geld abzugreifen. Wie ein Bergmann mal gesagt hat, der arbeitslos wurde: „Wenn du Geld kriegst, ohne dafür arbeiten zu müssen, dann merkst du erst mal, wie überflüssig du tatsächlich bist.“

Und dann bin ich beim fröhlichen Surfen im Internet auf EMMAUS INTERNATIONAL gestoßen und entdeckte die Aktivitäten des Abbé Pierre in Frankreich. Das fand ich denn doch ausgesprochen gut, es sprach mir aus dem Herzen, berührte mich. „Das wär was für Berlin“, dachte ich. Deshalb rief ich bei EMMAUS in Köln an, sprach mit einer Französin und fragte, ob es denn solche Emmaus-Aktivitäten auch in Berlin gebe. Sie hat mir dann erzählt, daß es in Berlin die Ana Lichtwer gibt mit ihrem Büchertisch-Projekt. Sie verfolge so ähnliche Ziele und habe auch eine Zeitlang bei ihnen in Köln gewohnt, um Emmaus besser kennenzulernen. Dann hab ich die Telefonnummer angerufen, die sie mir gegeben hat, und mit Ana einen Termin ausgemacht, am Mehringdamm, in den ehemaligen Räumen der LPG. Dort gab es dann ein Gespräch.